HafenCity Lectures
2016-2017

Kommen und Bleiben — Wie Migration Stadt produziert II

Café (EG) der HafenCity Universität
Überseeallee 16, 20457 Hamburg

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Infografik Welcome to the Machine

Seit dem Jahr 2015 bestimmt das Thema Zuwanderung mit dem Fokus auf Flucht erneut den öffentlichen Diskurs über Stadtentwicklung. Emotionen, Erfahrungen, Vermutungen, politisches Handeln, Protest und vielschichtiges Engagement beeinflussen ebenso wie mediale Berichterstattungen das Feld der Auseinandersetzung um Orte des Wohnens und Arbeitens sowie andere Möglichkeiten des Bleibens. Nicht nur bleiben Hintergründe artikulierter Positionen in diesen Diskursen häufig intransparent. Auch systematisch erhobenes empirisches Wissen über die Situation Geflüchteter in unterschiedlichen Städten und Gemeinden ist lückenhaft. In dieser Konstellation gedeihen Ängste, Spekulationen und Ressentiments, die verantwortungsvolles politisches Handeln erschweren. Genau deshalb ist ein offener Diskurs zur Thematik dringlich, der sich aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven speist.

Im Sommer 2016 konzentrierten sich die Veranstaltungen im Rahmen der HafenCity-Lectures zum Thema Flucht, Migration und Stadtentwicklung auf den gesellschaftlichen Umgang mit der erneuten Herausforderung zuwandernder Flüchtlinge.

Im Winter 2016/17 bieten die HafenCity Lectures Einblicke in zentrale thematische Handlungsfelder, die das Bleiben von Geflüchteten beeinflussen und die Komplexität ihrer erwünschten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verdeutlichen. Die Veranstaltungen fokusieren die Themen Mobilität, Recht, Wohnen, Arbeit und Bildung. Im Rahmen eines erstmalig vergebenen Fellowships werden die Veranstaltungen inhaltlich übergreifend verknüpft und diskutiert.

Die interdisziplinär konzeptionierten und in Kooperation von HafenCity Universität und HafenCity Hamburg GmbH veranstalteten HafenCity Lectures bringen seit dem Wintersemester 2014/15 Kulturschaffende, StadtforscherInnen, Studierende, Lehrende und eine interessierte Öffentlichkeit in einen Dialog und sorgen somit für die Vermittlung zwischen wissenschaftlichen Theorien und gesellschaftlicher Praxis.

Kommen & Mobilität
Gerda Heck & Michael Hieslmaier

Gerda Heck ist Migrationsforscherin im CETREN (Transregional research network) an der Georg-August Universität Göttingen. Sie beschäftigt sich mit Formen der Migration nach Europa, sowie dem europäischen Migrationsregime und dessen Auswirkungen auf die EU-Nachbarstaaten. Von 2010 bis 2013 untersuchte sie im Rahmen des Forschungsprojektes Global Prayers. Redemption and Liberation in the City die Rolle transnationaler Religionsgemeinschaften kongolesischer ErweckungschristInnen in Berlin, Istanbul, Rio de Janeiro und Paris. Zuletzt forschte sie im Rahmen des Projektes transit 2 zu den Auswirkungen des sogenannten EU-Türkei-Deals in der Türkei.

Michael Hieslmair ist Künstler, Kurator und Architekt in Wien. Er arbeitet an Projekten und Ausstellungen über die Einflüsse transnationaler Mobilität, Migration und Tourismus auf Architektur und (sub-)urbane wie rurale Agglomerationen, zusammen mit Michael Zinganel seit 2005 gemeinsame Workshops, Installationen, Ausstellungen und Publikationen. Gegenwärtig arbeiten sie an dem Forschungsprojekt Stop & Go. Nodes of Transformation and Transition zur Transformation von informellen Knotenpunkten/ Hubs und Terminals entlang der Paneuropäischen Verkehrskorridore.

Bleiben & Recht
Barbara Wessel & Jakob Kempe

Barbara Wessel ist eine auf Asyl- und Migrationsrecht spezialisierte Anwältin in Berlin, die sich auch in politische Debatten einmischt. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte ist die juristische Durchsetzung und politische Verbesserung des rechtlichen Status von MigrantInnen. Zurzeit engagiert sie sich neben ihrer alltäglichen Kanzleiarbeit in Fortbildungen zu akuten Fragen der Rechtslage von Geflüchteten.

Jakob Kempe ist Stadtplaner und Absolvent des Masterstudiengangs Urban Design in Hamburg. Zusammen mit Renke Gudehus führte er im Rahmen seines Masterstudiums eine umfangreiche Untersuchung über die juristischen Prozesse von Asylverfahren in Deutschland durch. Die Komplexität der Regelungen und ihrer Anwendungen haben sie in dem Diagramm Welcome to the Machine kartiert.

Bleiben & Wohnen
Martin Leo, Maja Momic & Maryam Jafari

Martin Leo ist Diplom-Politologe. Seit 1992 ist er bei f&w tätig, bis 2009 in der Betriebsleitung, danach als Leiter des Geschäftsbereichs Wohnen und seit Juni 2015 für die Spezialangebote Wohnen. Seine besonderen Aufgaben liegen seit Januar 2016 in dem Projekt Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen, in der privatrechtlichen Vermietung, Seniorenwohnanlagen, Übernachtungsstätten für Obdachlose, Winternotprogramm, Jungerwachsenenprojekt u.a..

Maja Momic ist Doktorandin im Arbeitsgebiet Urban Design an der HCU und Stipendiatin der Alfred Toepfer Stiftung. Sie absolvierte ein Architekturstudium an der IUAV Venedig, das sie mit einer Masterarbeit über kollektive Wohnformen in Venedig und Hamburg abschloss. Ihr Forschungsinteresse gilt den Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Transformationsprozessen und Wandel in/von Wohnpraktiken.

Maryam Jafari ist in Afghanistan geboren und in Iran aufgewachsen, wo sie nach ihrer Schulausbildung begann, Englisch zu studieren. Eine erzwungene Rückführung nach Afghanistan bedingte den Abbruch ihres Studiums für ein Jahr. Nach ihrer Rückkehr in den Iran nahm Jafari ihr Sprachstudium wieder auf und begann gleichzeitig, afghanische Studierende in Englisch zu unterrichten. Zusammen mit ihrem Mann kam sie im November 2015 nach Deutschland, wurde nach Hamburg überwiesen und fand Unterkunft in Osterrade. Seit Anfang November ist sie in Niendorf untergebracht.

Bleiben & Arbeit
Clarissa Reikersdorfer & Jens Tiedemann

Clarissa Reikersdorfer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Architektur und Raumentwicklung an der Universität Lichtenstein. Ausgehend von der These, dass im Bauprozess involvierte arbeitende Migranten ein wesentlicher Aspekt der Raumproduktion Chinas sind, analysieren Clarissa Reikersdorfer und ihre Co-Autorin Ulrike Bronner spezifische Situationen und Projekte der jüngeren Urbanisierungsprozesse am Fallbeispiel Shanghai. Die Arbeit Urban Nomads Building Shanghai stellt Möglichkeiten frei, wie eine Reorganisationen der Prozesse in der Bauwirtschaft einen Beitrag zu einer faireren Stadtkultur leisten können.

Jens Tiedemann ist Leiter der staatlichen Gewerbeschule Bautechnik (G19) in Hamburg. Jens Tiedemann berichtet aus der Organisation und Durchführung von Lehre und Forschung der Gewerbeschule Bautechnik G19. Dabei wird der Aspekt der Migration neben dem Lehrbetrieb unter anderem in den Lebenswelten von Auszubildenden, den Erwerbsbiografien von Bauarbeitern als auch in Projektisierungen aktueller Bautätigkeiten und -leistungen der Hamburger Bauwirtschaft untersucht.

Bleiben & (Aus-)Bildung
Joachim Schroeder, Maren Gag & Michael Stenger

Joachim Schroeder untersucht als Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg seit mehreren Jahren in engem Kontakt mit der Bildungspraxis (Aus-)Bildungsprozesse von Geflüchteten im In- und Ausland.

Maren Gag leitet als Sozialpädagogin im Bereich Migration und Internationale Zusammenarbeit der passage gGmbH in Hamburg unterschiedliche Projekte im Feld der beruflichen Integration von Flüchtlingen und pflegt dazu ein breit gefächertes nationales und internationales Netzwerk.

Michael Stenger ist Vorstandsvorsitzender des Trägerkreis Junge Flüchtlinge e.V. und Gründer der Schulen SchlaU und ISuS. Als Lehrer befähigt er junge Flüchtlinge aus aller Welt, ein produktiver Teil unserer Gesellschaft zu werden. In der von ihm vor 16 Jahren gegründeten privaten Münchner SchlaU (Schulanaloger Unterricht)-Schule lernen sie in zwei Jahren Deutsch und erreichen gleichzeitig einen berufsqualifizierenden Schulabschluss.

Der Refugee-Komplex zur Diskussion
Anne Huffschmid & Gäste

Anne Huffschmid ist Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Kuratorin. Sie arbeitet an der Freien Universität Berlin und bei MetroZones e.V.. Anne Huffschmid forscht, lehrt und publiziert zu Themenfeldern wie Urbanität, Erinnerungsprozessen, visual culture und – in ihrem neuen Projekt – Forensik, mit Schwerpunkt auf Lateinamerika und Fokus auf den Schnittstellen zwischen Ethnographie, Diskursanalyse und Bildproduktion. Ihre letzte Langzeitstudie Risse im Raum beschäftigte sich mit Gewalterinnerungen im städtischen Raum. Im Rahmen des metroZones-Projekts Mapping along the Refugee Complex hat sie sich im vergangenen Jahr mit den Raumnahmen Geflüchteter beschäftigt.